Die leuchtende Republik

Einen nachdenklichen und sprachlich wunderbaren Roman hat der Autor André Barba geschrieben. Die verschlafene Provinzstadt San Cristóbal kämpft mit der Hitze und wenig passiert. Bis eines Tages plötzlich 32 fremde Kinder auftauchen. Das Leben in der Stadt ändert sich schlagartig. San Cristóbal steuert immer mehr auf eine Katastrophe zu. Die fremden Kinder sprechen eine unbekannte Sprache und jagen den Bewohner*innen zunehmend Angst ein. Jahre danach schreibt ein Augenzeuge eindrücklich, wie und zu welchem Unglück es kam. Ein eindrückliches Buch, welches viele moralische Fragen an die Leser*innen stellt.

Andrés Barba – Die leuchtende Republik

Luchterhand 2022, 978-3-630-87599-6

Beleidigung dritten Grades

Eine Herausforderung zu einem Duell in der heutigen Zeit? Kaum vorstellbar. Doch genau eine solche erhält der Psychiater Oskar B. Markov. Der Ex-Freund seiner neuen Freundin kann die Trennung nicht akzeptieren und fordert ihn daher zum Duell heraus. Markov geht mit der Herausforderung zur Polizei und erntet nur Kopfschütteln und Verwunderung. Der komische Start des Romans öffnet danach einen historischen Nebenstrang. Dort wird es mehr als ernst, denn es geht um das letzte deutsche Duell. Kaum verwunderlich, sind dabei zwei SS-Leute involviert. Der komische Roman gewinnt an Fahrt und die bitter ernste historische Abhandlung lässt tief in die Gräuel des NS-Staates blicken. Ein sehr lesenswerter Roman, der rasant ist und sich gekonnt von ulkig zu todernst wandelt.

Rayk Wieland – Beleidigung dritten Grades

Kunstmann 2022, 978-3-95614-495-0

Das Wasser des Sees ist niemals süss

Ein Roman über Rom und dessen Provinz abseits seiner touristischen Höhepunkte. Die junge Autorin Giulia Caminito zeichnet ein Bild der italienischen Unterschicht, welche wenig zu gewinnen hat. Der Vater im Rollstuhl und schlecht gelaunt, die Mutter andauernd auf Trab und im Versuch die Familie über Wasser zu halten. Dabei im ständigen Kampf mit den Behörden, um eine anständige Sozialwohnung zu bekommen. Die Protagonistin Gaia ist gut in der Schule, aber die Perspektivlosigkeit Italiens gebildeter Jugend wird für sie schon bald offensichtlich. Klassengegensätze spiegeln sich andauernd in diesem Roman. Gaias Wut wird zunehmend stärker. Ein schonungsloser Roman, welcher auf dem Leben dreier Frauen beruht und die Fehler des italienischen Bildungssystems schonungslos offenbart.

Giulia Caminito – Das Wasser des Sees ist niemals süss

Wagenbach 2022, 978-3-8031-3349-6

Einsteins Hirn

Der österreichische Autor spielt erneut gekonnt mit Fiktion und Wahrheit. Der Protagonist Thomas Harvey ist ein einfacher Mann. Er ist überzeugter Quäker und Pathologe. Sein Leben verläuft in ruhigen Bahnen, bis er nach dem Tod von Einstein dessen Leiche untersuchen soll. Das Hirn von Einstein zieht Harvey in seinen Bann. Mit ihm beginnt eine turbulente Reise durch Amerika. Sobald das Hirn mit Harvey zu sprechen beginnt, ist der Pathologe gänzlich besessen von diesem. Der Roman durchläuft dabei auf witzige Art die moderne amerikanische Geschichte, von der Ermordung Kennedys bis zum Vietnamkrieg.

Franzobel – Einsteins Hirn

Hanser 2023, 978-3-552-07334-0

Treue

Hernan Diaz hat mit seinem Roman Treue eine literarische Matrjoschka geschaffen. Zentrum aller vier Geschichten ist die Finanzwelt der 1920er und 1930er Jahre New Yorks. Technisch ein Meisterwerk. Für die Leser*innen nicht immer ganz einfach mitzukommen. Das Buch besteht aus vier Romanteilen; beginnend mit einem Roman im Roman, gefolgt von einer Autobiografie, danach erscheint ein Memoir und der Abschluss bildet ein geheimes Journal/Tagebuch, wobei alle in unterschiedlichem Stil geschrieben sind. Alle Teile drehen sich dabei um den Finanzmogul Andreas Brevel und dessen verstorbene Ehefrau Mildred, die Brevel erst interessant gemacht hat. Ein Roman spielt mit der Leser*innenschaft und kritisiert knallhart das Märchen vom «Alles ist möglich im Kapitalismus».

Hernan Diaz – Treue

Hanser 2022, 978-3-446-27375-7

Thirteen

Der Strafverteidiger Eddie Flynn übernimmt das Mandat des Starschauspielers Robert Solomon. Dieser wird als Mordverdächtiger gehandelt, alle erdenklichen Indizien sprechen gegen ihn. Je tiefer Flynn jedoch gräbt, desto mehr Parallelen zu älteren Fällen tauchen auf und er ist überzeugt, dass sein Klient unschuldig ist. Was wäre, wenn der wahre Täter in der Geschworenen-Jury sitzen würde?

Ein Thriller, der nicht nur fesselnd ist, sondern auch tief in das Justizsystem der Vereinigten Staaten blicken lässt…

Steve Cavanagh – Thirteen

Goldmann 2022, 978-3-442-49215-2

Das Jahr der Gier

Bereits zum dritten Mal ermitteln Melia Adan und Vincent Veih zusammen. Als in der Düsseldorfer Innenstadt ein junger Brite überfallen wird, deutet zuerst alles auf ein rassistisches Motiv hin. Relativ schnell wird jedoch klar, dass der Investigativ-Journalist einer grösseren Story auf der Spur war. Als nur wenig später die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, scheinen die beiden Fälle keinen Zusammenhang zu haben. Erst nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen und zeichnet das Bild des Wirecard-Skandals – im Buch «Worldcard» genannt – nach. Topaktuelle politische Zusammenhänge als spannender Thriller verpackt – besser gehts nicht!

Horst Eckert – Das Jahr der Gier

Heyne 2022, 978-3-453-42637-5

Zeit der Jäger

Der Abschluss der München-Trilogie hat es in sich. Im Zentrum steht ein Mordkomplott. Doch: Wer hat sich eigentlich gegen wen verschworen? Wer zieht am Ende den Kürzeren? Und sind die beiden Frauen, die auftauchen, tatsächlich Karls totgeglaubte Töchter? Die langjährige Freundschaft zwischen Karl, dem Tatverdächtigen, und Ludwig, der als Ermittler fungiert, wird auf eine harte Probe gestellt.

Andreas Götz – Zeit der Jäger

Schwerz 2022, 978-3-651-00106-0

Teufelsnetz

Ein weiterer Fall für die finnische Kommissarin Jessica Niemi. Nebst dem, dass eine junge Influencerin spurlos verschwunden ist, muss sich Jessica auch mit ihrer neuen Vorgesetzten rumschlagen. Die Suche nach den Täter*innen führt die Kommissarin denn auch über Umwege zu einem Menschenhändler*innen-Netzwerk, das sein Unwesen insbesondere über die Sozialen Medien treibt. Und während die Luft im Präsidium für Jessica immer dünner wird, verliebt sie sich einmal mehr in den Falschen…

Max Seeck – Teufelsnetz

Lübbe 2021, 978-3-7857-2754-6

1966 – Ein neuer Fall für Thomas Engel

Bereits zum zweiten Mal begleiten wir den jungen Kommissar Thomas Engel, der diesmal in Berlin ermittelt. Dieser bewegt sich in einem Spagat zwischen Student*innenprotesten, dem Vietnamkrieg und den Nachwehen des Zweiten Weltkriegs. Dabei sieht er sich mehrfach gezwungen, das gängige Narrativ der Presse oder die Ansichten seiner Arbeitskollegen zu hinterfragen. Ein spannender Kriminalfall in der geteilten Stadt, die zur Bühne der Weltpolitik geworden ist.

Thomas Christos -1966 Ein neuer Fall für Thomas Engel

Blanvalet 2021, 978-3-7645-0737-4